Wer eine wissenschaftliche Arbeit anfertigt, muss jede eigenständige Behauptung durch eine zuverlässige und seriöse Quelle nachweisen und bestätigen können. Im Fall der bahnbrechenden Nachricht, dass Forscher in Berlin eine Potenzpille entwickelt haben, die sogar die berühmte Viagra in den Schatten stellt, haben viele andere „Experten“ diese Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens entweder nicht gekannt, oder zumindest ignoriert. Was war geschehen?
Im Frühjahr 2010 sollte ein revolutionäres Potenzmittel für den Mann auf den Markt eintreten und zwar mit dem Namen Plantagar. Zuerst berichtete die Bildzeitung, es folgten regionale Zeitungen und überregionale Artikel im Ausland, bis hierzulande schließlich sogar die geschätzte Welt das Thema auf einer ihrer Titelseiten aufgriff. Ausgehend veröffentlicht wurde die Information im März 2009 vom Berliner Kurier und verteilte sich nahezu unverändert auf den Rest der Medienlandschaft. Demnach habe die Universitätsklinik Charité derzeit ein vielversprechendes und erfolgreiches Potenzmittel in der Prüfung.
Die Informationen klangen verlockend, denn beschrieben wurde ein biologisches Präparat, dass nach bereits 14 Tagen zu einer nachhaltig besseren Potenz führt. Es gäbe keine Gefahr der Überdosierung und die einzige Nebenwirkung sei eventuell Durchfall. Doch auch dieser sei heilwirksam, zumindest behauptete das der ausgewiesene Experte des Artikels.
Dieser erklärte Leiter der klinischen Versuche, Olaf Schröder, schrieb über umfangreiche und erfolgreiche Testserien des Plantagar. Das Produkt sei klassischen Potenzmitteln, vor allem den PDE-5-Hemmern, weitaus überlegen. Außerdem sei eine Rezeptpflicht wegen der natürlichen Zutaten nicht notwendig. Doch bereits an dieser Stelle begann die Kritik anderer Experten, nicht nur an der Glaubwürdigkeit der Wirksamkeit des Produkts.
Und tatsächlich stellte sich nur allzu bald heraus, dass das vermeintliche Wundermittel vielmehr mit wundersamen Umständen in Verbindung steht. Es wurde herausgestellt, dass der angebliche Experte lediglich Student der Medizin sei und dass seine Forschungsmethoden den Vorgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht annähernd entsprach. Außerdem wurde bekannt, dass Olaf Schröder außerdem tätig ist als Medienberater und Lobby ist für die Pharmaindustrie.
Insbesondere die mehr als unseriöse Erscheinung des selbst erklärten Experten, der sich nicht vor der Darstellung im Internet scheut, lässt den professionellen Umgang mit dem Fachartikel bezweifeln. Nun bemühen sich die Verantwortlichen der Charité um Schadenbegrenzung für ihr Image, während Experten und Facheinrichtungen ihre Quellenkritik unter die Lupe nehmen müssen. Die sensationelle Nachricht von Plantagar als biologisches Potenzmittel war demnach lediglich ein erfolgreicher Medienhit, der viele renommierte Fachleute und Experten als schlechte Quellenprüfer dastehen ließ. Außerdem war der Hinweis zu fehlenden Nebenwirkungen völlig übertrieben, wie sieben von 25 Probanden leidvoll bei starkem Durchfall berichten konnten.